Ruhe bitte. Natur pur!

 

Ich lebte 35 Jahre lang in einem Luftkurort. Im „Naherholungsbereich“ der Rhein-Main-Metropole Frankfurt am Main. Aus der Erinnerung ein typischer Tag am Busen der Natur:

 

04:00 Uhr – Morgengrauen. Oder irre ich mich und es ist der Rest der Vollmondnacht? Vorsichtiges Blinzeln. „Noch zu früh zum Aufstehen?“ Ich drehe mich noch einmal im Bett herum und sinniere darüber, was heute ansteht, ordne Hin und Prioritäten.

05:00 Uhr – Geräusche lassen mich aufschrecken: Was ist das? Undefinierbar. Dann stellt sich heraus: die Zeitungen werden gebracht. Die Nachbarn freuen sich sicher, und meine FAZ ist mir sicher! Eigentlich ist es ja so ruhig hier, daß man den Furz des Nachbarn auf 50 Meter Entfernung hören kann … eigentlich. Der frühe Morgen graut immer noch. Das grelle LED-Licht des Zeitungsfahrers leuchtet direkt ins Schlafgemach. Immerhin läßt er – auf der abschüssigen Strecke – sein Gefährt nur herabrollen; dafür eine Minute später mit Gas wieder die Stichstraße heraufkeuchen. Die Luft ist hier oben so klar, daß man ein Auto 50 Meter weit riechen kann, und der Diesel stinkt mir hier eindeutig. Uff.

5.15 Uhr – Das erste Flugzeug fliegt über den Feldberg. Natürlich „zu niedrig“, denn bei der Veränderung der Flugrouten hatte man seinerzeit keine topographischen Karten zugrunde gelegt … parallel mit dem Steigflug von Flughafen bis hier hinauf steigt auch gleichzeitig die Bodenoberfläche an – wir sind ja rund 400 Meter höher als der Flughafen gelegen. Zwangsweise damit verbunden: Lautstärke. Wenn ich mich darauf konzentrieren würde, könnte ich gleich sagen, welcher Flugzeugtyp da gerade fliegt…

05:20 Uhr – Nochmal entspannen.

06:00 Uhr – Eigentlich wollte ich mich gerade aus dem Bett herausdrehen, da geht vor dem Fenster ein Hundegefecht los: zwei Frauen, ein Mann, drei Hunde. (Hier braucht ja Jeder einen Hund, besonders die „Grünen Witwen“.) Lautes Gebell, mit deutlicher Untermalung menschlicher Stimmen. Die Hunde beruhigen sich, die Hundebesitzer unterhalten sich. Schön, daß sie morgens um sechs schon so gut drauf sind, aber MUSS das denn gerade vor meinem Schlafzimmerfenster sein?

Dann: NEIN, hier nicht – aber schon ist es passiert. Wenn ich dann später aus der Garage fahre, dann liegt sicher wieder ein riesengroßer Scheißhaufen davor, und in den Vorgarten (Achtung: Buchsbäume!) wurde auch wieder gepinkelt. Meine Büsche und Blumen können zwar nicht schreien, aber sie welken, werfen die Blätter, sterben ab. Zuviel ist zuviel. Wenn ich nun Gleiches mit Gleichem  abgelten wollte und den Hundebesitzern morgens auch in den Vorgarten urinieren und meinen Darm dort entleeren würde?

06:30 Uhr – Jetzt wird es aber Zeit. Der Wecker klingelt, ich habe mich wieder beruhigt. Erstmal einen halben Liter frisches Wasser mit pH-Wert 9,5 und dann einen frischen Kaffee.

07:00 Uhr – Die Knochen und Muskeln schmerzen etwas, gestern wohl wieder zu lange am Schreibtisch gesessen. Yoga bringt es, ich weiß es – seit 35 Jahren. Nun denn, der innewohnende Trägheitsaspekt wird überstimmt, eine Entscheidung wird getroffen: Los jetzt.

07:30 Uhr – Und jetzt? Noch einen Kaffee, eine Zigarette auf die Gesundheit aller. Zähneputzen, rasieren, duschen, Bad säubern, schon wieder acht Uhr. Ob ich es jemals schneller schaffe? Oder muß ich etwa doch besser früher aufstehen? Am besten so um 05:00 Uhr?

08:00 Uhr –  Nun etwas Obst, ein selbstgebackenes Brot, die geliebte FAZ. Erstmal gemächlich in den Tag einfinden. Ab 09:00 Uhr sind die Straßen wieder leer, und soviel Zeit muß sein …